Effektiv führen: Als Führungskraft weniger tun, aber mehr bewirken

Effektiv führen - Don't be busy. Be productive.

Effektiv führen: Führungskräfte sprechen sehr viel über Leistung, Ziele, Kennzahlen und Performance. An ihren Handlungen kann man aber manchmal erkennen, dass sie die effektive Erbringung von Leistung durch das ganze Team bzw. die ganze Abteilung aus dem Blick verloren haben. Was können Sie tun, um mit Ihrem Handeln effektiv führen zu können? Was könne Sie tun, um als Führungskraft nicht dem eigenen Team bzw. der eigenen Abteilung im Weg zu stehen? Aus der Arbeit mit vielen Führungskräften kann ich Ihnen sechs Felder zur Reflexion und Handlungsänderung empfehlen:

Recht haben oder effektiv führen!

Christian war mehrere Tage auf Dienstreise. Als er zurückkommt, stellt er fest, dass zwei Projektanträge noch nicht wie vereinbart fertiggestellt sind, obwohl die Frist zur Einbringung abläuft. Er fragt die MitarbeiterInnen im Jour-fixe, was passiert ist. Er hört Rechtfertigungen und wechselseitige Schuldzuweisungen. Er spürt in sich eine große Verlockung, den MitarbeiterInnen nachzuweisen, dass sie unrecht haben. Es wäre möglich gewesen, die Arbeit fristgerecht fertigzustellen! Er tut es aber nicht, weil es im Moment etwas Wichtigeres gibt: die Einbringung der Projektanträge. Er vereinbart daher eine Vorgangsweise und vergibt Arbeitsaufträge. Es ist ihm wichtiger wirksam zu sein, als recht zu haben.

Sie erleben als Führungskraft selbst sicher immer wieder solcher Situationen: Fehler anderer Abteilungen, nicht eingehaltene Zusagen, nicht eingestandene Fehler, Halbwahrheiten und Lügen. In vielen Situationen müssen Sie sich entscheiden. Wenn Sie allen zeigen, dass Sie Recht haben, verschwenden Sie Ihre Energie und verärgern Menschen, die Sie für die Umsetzung brauchen.

Ihr Stolz ist Ihr größtes Hindernis zum Erfolg

In Ihrer Rolle als Führungskraft gibt es viele Situationen, in denen Ihnen Unrecht angetan wird. Sie werden von der eigenen Chefin übergangen, vom besten Kollegen nicht informiert, von den MitarbeiterInnen belogen, von den KundInnen zu Unrecht beschuldigt. Es gibt diese starke innere Stimme, die wir Stolz nennen, die in solchen Situationen zu uns spricht: „Das lasse ich mir nicht gefallen! Das zahle ich zurück! Die kriegen gar nichts mehr von mir!“ Möglicherweise übersehen Sie dabei, dass es in solchen Situationen viel öfter Unachtsamkeit ist als böse Absicht.

Manchmal sind es auch die vielen sich widersprechenden Erwartungen. Es ist in Organisationen nicht möglich, alle Menschen immer gleich zu beachten und gleich zu behandeln. Für die anderen nicht, aber auch für Sie nicht. Das heißt nicht, dass Sie sich alles gefallen lassen müssen. Sie können sich schon wehren, aber bevor Sie das tun, beantworten Sie eine Frage: Wird mich dieses „Unrecht“ daran hindern, erfolgreich zu sein? Meistens ist das nicht der Fall. Verschwenden Sie daher nicht zu viel Energie darauf, das Unrecht aufzuzeigen.

Wofür bin ich verantwortlich? Wofür nicht?

Die Grenzen Ihrer Verantwortung werden Sie weder in Ihrem Stellenprofil noch im Organigramm oder im Organisationshandbuch finden. Dazu müssen Sie sich im wieder aufs Neue mit folgenden Fragen auseinandersetzen:

Was erwartet mein Chef bzw. meine Chefin von mir?
Was erwarten sich die MitarbeiterInnen von mir?
Was erwarten sich KundInnen bzw. externe Personen von mir?
Welche Ressourcen werden mir gegeben?
Welche Rahmenbedingungen gibt es?

Achten Sie dabei aber nicht auf die Worte, sondern auf die Taten der handelnden Personen. Es ist nicht so wichtig, welche Erwartungen geäußert werden, sondern was passiert, wenn diese Erwartungen nicht erfüllt werden. Entscheiden Sie sich bewusst, wofür Sie Verantwortung übernehmen und wofür nicht. Enttäuschen Sie Erwartungen frühzeitig, damit Sie neue erfüllbare Erwartungen wecken können.

In der halben Zeit das Doppelte erreicht

Ich erlebe viele Führungskräfte in Ihrer täglichen Kommunikation mit MitarbeiterInnen, KollegInnen und den jeweiligen Chefs. In vielen Situationen wäre es möglich, in der halben Gesprächszeit das Doppelte zu erreichen. Warum wird so lange um den heißen Brei geredet und alles so oft wiederholt?

Ich vermute, es gibt dafür drei wesentliche Gründe: Schlechte Vorbereitung, Rollenunklarheit und Angst vor Ablehnung. Falls Sie auf ein Gespräch vorbereitet sind, können Sie schneller zu Punkt kommen. Aber nur dann, wenn Sie sich Ihrer Rolle sicher sind und keine Angst vor den Emotionen anderer haben. Vorbereitung kann man sich durch etwas Übung angewöhnen. Wie sie zur Rollenklarheit kommen, sehen Sie einen Punkt weiter oben. Falls Sie versuchen, die eigene Angst vor Ablehnung zu unterdrücken, wird sie wie ein Wasserball im Wasser immer wieder hochkommen. Lernen Sie die eigenen Ängste kennen. Mit der Zeit werden Sie unterscheiden lernen, welches Angstgefühl eine hilfreiche Warnung ist und welches eine überschießende Angstphantasie.

Besser das bekannte Unglück als das unbekannte Glück

Herta hat vor zwei Jahren Sabine als wissenschaftliche Mitarbeiterin eingestellt. Sabine hat brillante Ideen, denkt interdisziplinär und ist sehr fleißig. Sie hat nur einen Schwachpunkt: Trotz vieler Hinweise von Herta hält sich Sabine bei der Dokumentation der Versuchsreihen nicht an die entsprechenden Regeln. Herta überlegt, ob sie Sabine vom Projekt abziehen soll. Sie hat es bisher nicht getan, da noch immer alles gutgegangen ist. Falls sie Herta vom Projekt abzieht, würden sie viel langsamer vorankommen. Sie müsste eine neue Person mit ähnlicher Qualifikation suchen. Herta lässt Sabine so weiterarbeiten wie bisher. Sie entscheidet sich für das halbwegs gute Funktionieren in der Gegenwart und gegen ein verlässlichen Projektablauf in der Zukunft. Sie geht damit aber ein großes Risiko ein und gefährdet das Projekt auf Jahre hinaus.

Wir alle drücken in solchen Situationen gerne beide Augen zu. Seien Sie streng mit sich! Stellen Sie sich immer wieder die Frage: Was ist mir wichtiger: Heute die Misere, die ich kenne, oder in der Zukunft eine dauerhaft gute Lösung. Sie werden von dieser Strenge selber am meisten profitieren und sich langfristig gesehen sehr dankbar sein.

Die Wahrheit ist den Menschen zumutbar

Vielleicht vermeidet Herta den Schritt auch deshalb, weil sie Sabine nicht die Wahrheit sagen möchte: „Du hältst dich bei der Dokumentation der Versuchsreihen nicht an die Regeln für wissenschaftliches Arbeiten. Das ist keine Charakterfrage oder Schwäche in einem Randbereich. Ich halte dich nicht für ausreichend qualifiziert, um weiter an diesem Projekt mitzuarbeiten.“ Eine solche Entscheidung ist für die brillante und fleißige Sabine sicher ein großer Schock. Es ist nicht möglich vorherzusagen, wie sie reagieren wird. Es kann sein, dass sie böse und vorwurfsvoll wird. Es kann sein, dass sie schmollt und jede Kooperation verweigert. Es kann aber auch sein, dass sie ihr Verhalten ändert. Die Ungewissheit hält viele Führungskräfte davon ab, den Menschen die Wahrheit mitzuteilen und damit effektiv führen zu können. Für die gute Zusammenarbeit der MitarbeiterInnen, für den Erfolg der Abteilung und für Ihren langfristigen Erfolg ist es unerlässlich.

Sie sind an einem Coaching oder Training für Ihre Mitarbeiter interessiert? Kontaktieren Sie mich unter:  Telefon:+43 699 110 157 56 oder E- Mail: alfred@faustenhammer.com